Das Elsaß: eine transnationale Region?

Das Elsaß: eine transnationale Region?

Veranstalter
Centre Marc Bloch, Berlin Stiftung Genshagen
Veranstaltungsort
Schloss Genshagen
Ort
Genshagen
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.11.2007 - 08.11.2007
Website
Von
PD Dr. Jakob Vogel, CMB Berlin

Das Elsaß liegt seit jeher an der Grenze zwischen dem französischen und deutschen Sprach- und Kulturraum. Politisch im Laufe der Geschichte immer wieder dem einen oder anderen Herrschaftsbereich zugeordnet, hat es die unterschiedlichsten kulturellen Einflüsse erlebt, aber auch seine eigene kulturelle und politische Identität immer wieder neu verorten müssen. Trotz der vielen militärisch ausgetragenen Auseinandersetzungen, zu deren Schauplatz die Region wurde, behielt das Elsaß dabei stets seine wichtige Funktion als Drehscheibe im Kulturaustausch zwischen dem deutschen Sprachraum und Frankreich.

Der Workshop versucht vor dem Hintergrund der bestehenden Forschung zur Problematik der Grenze und des Grenzraums die Frage nach der sich im Laufe der Geschichte wandelnden Identitätskonstruktion zu stellen. Er hat damit das doppelte Ziel, einen Überblick über die bestehende Forschung zu liefern und gleichzeitig Perspektiven für zukünftige Forschungen zu formulieren. Dabei spielt naturgemäß die Frage nach der Bedeutung der großen historischen Zäsuren wie der Französischen Revolution, der Annexion des Elsaß durch Preußen-Deutschland nach dem Krieg von 1870/71, der Rückübertragung nach Frankreich nach 1918 und der Zeit der Besetzung und Annexion durch das nationalsozialistische Deutschland eine zentrale Rolle. Gleichzeitig soll aber auch nach den Kulturkontakten gefragt werden, die jenseits der Zeiten der Konfrontation und der Kriege das Elsaß mit dem deutschen und französischen Raum verbanden. Läßt sich in den Zeiten der schwindenden „nationalen“ Spannungen nach dem Ende der Auseinandersetzungen eine Stärkung einer „elsässischen Identität“ beobachten? Welche Rolle spielte das Erbe der früheren politischen Regime für diese Identitätskonstruktion einer „elsässischen Identität“? Eine wichtige Rolle soll der Frage nach den europäischen Dimensionen des kulturellen Austausches zukommen: in welcher Spannung standen sie zu den regionalen und nationalen Tendenzen und Einflüssen? Läßt sich tatsächlich bereits für die Zeit des 18. oder auch 19. Jahrhunderts gar von einer Art „europäsichen Region“ avant la lettre sprechen?

Gleichzeitig soll die Rolle der einzelnen Akteure bestimmt werden, die quasi als „Schnittstellen“ zwischen der französischen und der deutschen Gesellschaften dienten. Wie verbanden sich auf den unterschiedlichen Ebenen die einzelnen Prozesse, die zwischen kulturellem Austausch und Konflikt und zwischen regionaler Individualisierung und nationaler Integration changieren konnten? Von einer Periode zur anderen wandelten sich nicht nur die Träger des Kulturtransfers, auch die einzelnen Milieus standen in verschiedenen Spannungsverhältnissen und Kontexten: Staatliche Institutionen, sprachliche und religiöse Gemeinschaften, intellektuelle und akademische Milieus nahmen nicht immer einheitliche Rollen ein, die miteinander verglichen werden sollen.

Ziel des Ateliers ist es auf diese Weise, französische und deutsche Forscher zusammenbringen und zu einer besseren Verbreitung jener Studien beitragen, die in den letzten fünfzehn Jahren mit ihren Forschungsperspektiven auf die Geschichte und Gegenwart des Elsaß auf beiden Seiten des Rheins die klassischen Interpretationsmuster älteren Nationalgeschichte aufgebrochen haben.

Programm

Programm

MITTWOCH, 7. NOVEMBER 2007
15:15 Ankunft der Teilnehmer
15:30 Begrüßung
- Prof. Dr. Rudolf von Thadden, Stiftung Genshagen
- Prof. Dr. Pascale Laborier, Centre Marc Bloch (CMB), Berlin

Einleitung
- Dr. Béatrice von Hirschhausen/PD Dr. Jakob Vogel, CMB, Berlin

16:00 Grenzraum unter dem Vorzeichen von Krieg und Revolution? Zirkulationen und Identitäten im 18. und frühen 19. Jahrhundert

- Prof. Dr. Claudia Ulbrich, Freie Universität Berlin: „Das Elsass als deutsch-französischer Kommunikationsraum im 18. Jahrhundert“

- Dr. Daniel Schönpflug, Freie Universität Berlin: „L’Alsace française: Französisierung, regionale Kultur und grenzüberschreitende Verflechtungen zur Zeit der Französischen Revolution“

- Prof. Dr. Erich Pelzer, Universität Mannheim: „Das Elsass in den napoleonischen Kriegen“

Moderation: Dr. des. Heinrich Hartmann, Frankreich-Zentrum, Freie Universität Berlin

17:20 Kaffeepause

17:40
- Prof. Dr. Rudolf von Thadden, Stiftung Genshagen: „Der elsässische Protestantismus zwischen Früher Neuzeit und Revolution“

- Prof. Dr. Freddy Raphaël, Universität Marc Bloch, Straßburg: „Le judaïsme des deux rives du Rhin: unité culturelle, diversité nationale“

Moderation: Dr. Isabelle Deflers, Universität Heidelberg

19:00 Abendessen

20:00 Projektion des Dokumentarfilms „Chacun son histoire?“ von Pierre-Olivier François (2006)
Anschließend Diskussion mit dem Autor

DONNERSTAG, 8. NOVEMBER 2007

9:00 Die Konstruktion einer Gesellschaft und eines Territoriums als Bindeglied zwischen den Nationen

- Stephanie Schlesier, Berliner Kolleg für Vergleichende Geschichte Europas/ Institut für Europäische Geschichte Mainz: „Jüdische Landbevölkerung im Grenzraum im 19. Jahrhundert“

- PD Dr. Jakob Vogel, CMB, Berlin: „Wissenschaft im Elsass im 19. Jahrhundert zwischen regionalen, nationalen und europäischen Räumen“

- Prof. Nicolas Stoskopf, Universität Oberelsass, Mülhausen: „ L’Alsace et les migrations des industriels entre France et Allemagne aux 19ème et 20ème siècles“

- Catherine Dunlop, Universität Yale: „La politique du pittoresque: la nationalisation des Vosges, 1860-1930“

Moderation: Dr. Thomas Serrier, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

11:00 Kaffeepause

11:30 Konfrontationen, Unterdrückung, Zerrissenheit: Das Elsass und die Konflikte des 20. Jahrhunderts

- Prof. Dr. Michael Werner, CIERA/EHESS, Paris: „Die Hochkönigsburg im Elsass: Ein lieu de mémoire zwischen den politischen Regimen“

- Dr. des. Anne Kwaschik, Frankreich-Zentrum, Freie Universität Berlin/ CNRS, Paris: „Elsass und Europa?Selbstverortungsstrategien einer Grenzregion nach dem Ersten Weltkrieg“

- Dr. Catherine Gousseff, CMB, Berlin: „Les incorporés de force d’Alsace et de Moselle à travers les archives soviétiques“

- Dr. Jean-Marc Dreyfus, Universität Manchester: „La réintégration de l’Alsace en France après 1945“

Moderation: Dr. Christiane Kohser-Spohn, Eberhard Karls Universität Tübingen

13:30 Mittagessen

14:30 Verschränktes Erbe, wieder angeeignete Vergangenheit

- Elsa Vonau, CMB, Berlin: „L’hybridation des modèles urbains dans l’espace frontière: Les cités jardins en Alsace“

- Bernard Reitel, Universität Oberelsass, Mülhausen: „Les projets de coopérations transfrontalières: le transnational pour horizon?“

- Prof. Dr. Richard Kleinschmager, Universität Louis Pasteur, Straßburg: „Les Alsaciens et l’Europe“

Moderation: Joseph Philipps, Inspecteur général für das Fach Deutsch, Paris

16:00 Kaffeepause

16:30 Abschlussdiskussion und Schlusswort

- Prof. Dr. Philippe Meyer, Stiftung Genshagen
- Dr. Béatrice von Hirschhausen, CMB, Berlin
- PD Dr. Jakob Vogel, CMB, Berlin

17:30 Abreise der Teilnehmer

Mit freundlicher Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Fondation „Entente Franco-Allemande“ sowie des Berliner Büros für Hochschulangelegenheiten/Kulturabteilung der Französischen Botschaft, Berlin (CCCL)

Aus technischen Gründen und aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl ist eine vorherige Anmeldung bis zum 3.11. 2007 erforderlich.

Kontakt

Noemie Kaufman

Stiftung Genshagen

Tel. +49 3378 805935

Noemie Kaufman <kaufman@stiftung-genshagen.de>